Was haben Menschenrechte mit
deinem Alltag zu tun?

Mehr als du denkst. Hier erfährst du mehr über bedrohte Menschenrechte in
Deutschland – und wie du mit kleinen Schritten viel bewirken kannst.

Bedrohte Menschenrechte in Deutschland

Reproduktive Menschenrechte

Was bedeutet das?

Reproduktive Menschenrechte — oft auch als sexuelle und reproduktive Rechte
bezeichnet — sind grundlegende Menschenrechte, die das Recht jedes Menschen
umfassen, frei über den eigenen Körper, die sexuelle Orientierung und Fortpflanzung zu
entscheiden. Dazu zählen:
1. Selbstbestimmte Entscheidung über Kinderwunsch – ob, wann und mit wem man
Kinder bekommen möchte.
2. Zugang zu Verhütung und Aufklärung – inklusive Information,
Empfängnisverhütung und medizinischer Versorgung.
3. Recht auf Zugang zu sicherer Schwangerschaftsberatung und Abtreibung.
4. Schutz vor Zwangsheirat, genitaler Verstümmelung und anderen
Zwangsmaßnahmen.

Worin liegt die Bedrohung in Deutschland?

● Schwangerschaftsabbruch ist laut §218 StGB strafbar, nur unter Auflagen straffrei
(Pflichtberatung, Wartezeit).
● Viele Menschen in Deutschland haben kein Angebot für einen
Schwangerschaftsabbruch in erreichbarer Umgebung.
● Stigmatisierung von Ärztinnen und Unterstützerinnen (z. B. durch §219a –
Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche – inzwischen abgeschafft, aber
Folgen bleiben spürbar).
● Rechtspopulistische Bewegungen attackieren reproduktive Rechte gezielt.
● Besonders marginalisierte Gruppen stoßen auf strukturelle Hürden – z. B. queere
Menschen, People of Colour, Menschen mit Behinderungen oder geringem
Einkommen.

Amnesty Einsatz:

In Deutschland hat Amnesty eine Arbeitsgruppe zu Schwangerschaftsabbrüchen
gegründet (seit 2021). Sie setzt sich mit einem Reformvorschlag für Abtreibung
außerhalb des Strafrechts ein und drängt auf eine komplette Entkriminalisierung.

Was du tun kannst:

● Forderungen nach Reform unterstützen – z. B. durch Petitionen, Protest oder
Kontakt zu politischen Vertreter*innen.
● Dich durch zivilgesellschaftliche Bündnisse für umfassende sexuelle Gesundheit &
Selbstbestimmung engagieren.

Schutz vor Diskrimnierung & Rassismus

Was bedeutet das?

Das Recht auf Gleichbehandlung unabhängig von Herkunft, Sprache, Hautfarbe,
Religion, Geschlecht, sozialem Status. In Deutschland geschützt durch das
Grundgesetz (Art. 3) und internationale Verträge.

Worin liegt die Bedrohung?

Rassismus ist in Deutschland wieder auf dem Vormarsch. Seit Jahren verzeichnen die
Bundesregierung und zivilgesellschaftliche Organisationen einen Anstieg rassistischer
und rechtsextremer Straftaten. Täglich machen Menschen in Deutschland rassistische
Erfahrungen. Sie werden aufgrund ihrer "Hautfarbe", ihrer vermeintlichen Religion oder
anderer Zuschreibungen diskriminiert und ausgegrenzt. Rassismus zeigt sich in allen
Lebensbereichen: in der Politik, bei der Job- und Wohnungssuche, in der Ausbildung,
beim Arzt, in der Disko oder auf dem Fußballplatz.

Amnestys Einsatz:

Amnesty fordert eine umfassende Strategie gegen Rassismus. Dazu zählt:
● Anerkennung und Wiedergutmachung kolonialer Verbrechen: Die Bundesregierung
soll die deutschen Kolonialverbrechen vollständig juristisch anerkennen und
angemessene Reparationen leisten, insbesondere für den Genozid an den
Ovaherero und Nama in Namibia.
● Bekämpfung von Rassismus in staatlichen Institutionen: Es wird gefordert,
diskriminierende Polizeipraktiken wie "Racial Profiling" abzuschaffen und
unabhängige Kontrollinstanzen mit echten Ermittlungsbefugnissen einzurichten.
● Entwicklung eines Nationalen Aktionsplans gegen Rassismus: Ein umfassender
Plan soll strukturellen Rassismus in allen gesellschaftlichen Bereichen
adressieren und Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung beinhalten.

Was du tun kannst:

● Rassistische Vorfälle nicht ignorieren – eingreifen, informieren, melden.
● Solidarität zeigen und Betroffene aktiv unterstützen (z. B. als Zeug*in, im Alltag
oder auf Demos).
● Mit Freund*innen, Familie und Community über Ursachen und Folgen von
Rassismus ins Gespräch kommen.

LGBTQIA+-Rechte

Was bedeutet das?

Das Recht, die eigene geschlechtliche Identität und sexuelle Orientierung frei
leben zu können – ohne Angst vor Diskriminierung oder Gewalt. Weltweit ein
klares Menschenrecht und dennoch bedroht.

Worin liegt die Bedrohung?

LGBTQIA+ erfahren in der Gesellschaft nach wie vor Benachteiligungen und sind damit in
ihrer gesellschaftlichen Teilhabe eingeschränkt.

Amnestys Einsatz:

● Konsequente Bekämpfung von Hasskriminalität: Amnesty fordert eine effektive
Strafverfolgung von queerfeindlichen Übergriffen und eine bessere Unterstützung
der Opfer.
● Stärkung der Selbstbestimmung: Die Organisation setzt sich für die vollständige
rechtliche Anerkennung aller Geschlechtsidentitäten ein und fordert
Nachbesserungen am Selbstbestimmungsgesetz.

Was du tun kannst:

● An Pride-Events, Demonstrationen und Solidaritätsaktionen teilnehmen.
● Betroffene sichtbar unterstützen – z. B. als Anwaltin, Zeugin oder kritischer
Begleiter*in.
● Online und offline Aufklärungsarbeit leisten und Diskriminierung klar
benennen.
● Und an Organisationen spenden, die sich für diese Themen stark machen!

Versammlungsfreiheit & Aktivismus

Was bedeutet das?

Die Versammlungsfreiheit ist ein zentrales Grundrecht in Deutschland, verankert in
Artikel 8 des Grundgesetzes. Sie garantiert das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu
versammeln, sowohl privat als auch öffentlich. Dieses Recht ist essenziell für eine
funktionierende Demokratie, da es Bürger*innen ermöglicht, ihre Meinungen öffentlich
zu äußern und politischen Einfluss zu nehmen.

Worin liegt die Bedrohung?

Trotz der gesetzlichen Verankerung sieht Amnesty International Deutschland die
Versammlungsfreiheit zunehmend bedroht:
● Unverhältnismäßige Polizeigewalt: Bei Demonstrationen kommt es vermehrt zu
aggressiven Polizeitaktiken wie Einkesselungen, Schmerzgriffen oder dem Einsatz
von Wasserwerfern, was das Recht auf friedlichen Protest einschränkt.
● Repressive Gesetzgebung: Gesetze wie der §129 StGB (Bildung einer kriminellen
Vereinigung) werden genutzt, um friedlichen Protest, insbesondere von
Klimaaktivist*innen, zu kriminalisieren.
● Einschränkungen spezifischer Proteste: Proteste in Solidarität mit Palästina
werden häufig pauschal verboten, oft mit diskriminierenden Begründungen, was
insbesondere marginalisierte Gruppen betrifft.
● Überwachung und Einschüchterung: Der Einsatz von Überwachungstechnologien
bei Demonstrationen kann abschreckend wirken und Menschen davon abhalten,
ihr Recht auf Versammlung wahrzunehmen.

Amnestys Einsatz:

Amnesty International Deutschland setzt sich aktiv für den Schutz der
Versammlungsfreiheit ein:
● Kampagnenarbeit: Mit der Initiative "Protect the Protest" macht Amnesty auf die
Bedeutung des Rechts auf Protest aufmerksam und unterstützt Betroffene von
Repressionen.
● Politische Forderungen: Amnesty fordert die Bundesregierung auf, repressive
Gesetze zu reformieren, insbesondere den §129 StGB, und den Einsatz von
Überwachungstechnologien bei Demonstrationen zu begrenzen.

Was du tun kannst:

● Dich klar zur Versammlungsfreiheit positionieren – persönlich oder
politisch.
● Friedliche Demos unterstützen, Augenzeug*in sein, legalen Beistand
leisten.
● Info-Veranstaltungen, Webinare oder Publikationen zu Protestrechten
verbreiten.

Recht auf Asyl & Menschenwürde

Was bedeutet das?

Das Recht auf Asyl ist ein fundamentales Menschenrecht, das in Artikel 16a des
deutschen Grundgesetzes sowie in internationalen Abkommen wie der Genfer
Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert ist.
Es garantiert politisch Verfolgten Schutz vor Verfolgung und die Möglichkeit, in
Deutschland Asyl zu beantragen. Eng damit verbunden ist die Menschenwürde, die in
Artikel 1 des Grundgesetzes als unantastbar erklärt wird und die Grundlage aller
staatlichen Gewalt bildet. Sie verpflichtet den Staat, die Würde jedes Menschen zu
achten und zu schützen.

Worin liegt die Bedrohung?

Trotz dieser rechtlichen Grundlagen sieht Amnesty International Deutschland das
Asylrecht und die Menschenwürde zunehmend bedroht:
● Geplante Asylrechtsverschärfungen: Die Bundesregierung plant, das nationale
Recht an die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS)
anzupassen. Dabei sollen unter anderem Inhaftierungen von Familien und Kindern
ermöglicht werden und die Einstufung sicherer Herkunfts- und Drittstaaten ohne
parlamentarisches Verfahren erfolgen. Amnesty kritisiert, dass diese Maßnahmen
über die EU-Vorgaben hinausgehen und menschenrechtliche Standards
untergraben.
● Sogenanntes "Sicherheitspaket": Ein geplantes Gesetzespaket sieht vor,
Sozialleistungen für Asylsuchende drastisch zu kürzen und biometrische
Überwachung sowie polizeiliche Kontrollen ohne konkreten Verdacht auszuweiten.
Amnesty warnt, dass dies das Recht auf Asyl weiter aushöhlt und die
Menschenwürde von Schutzsuchenden verletzt.
● Zustrombegrenzungsgesetz: Ein von der CDU/CSU-Fraktion vorgeschlagenes
Gesetz sieht vor, den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte unbegrenzt
auszusetzen und der Bundespolizei erweiterte Befugnisse zu geben. Amnesty
kritisiert, dass dies gegen europäisches Recht verstößt und die Menschenrechte
von Geflüchteten verletzt.

Amnestys Einsatz:

Amnesty fordert die Abschaffung diskriminierender Gesetze, gleiche soziale
Leistungen für Geflüchtete („Bürgergeld“ für alle) und faire Asylverfahren. Sie
klagt innenpolitisch und in internationalen Foren gegen rechtswidrige
Gesetzesvorhaben.

Was du tun kannst:

● Ablehnung diskriminierender Gesetzesinitiativen öffentlich zeigen.
● Geflüchtete konkret unterstützen – durch Patenschaften, Beratungen,
Nachbarschaftsprojekte.
● Dich für eine menschenwürdige Asylpolitik engagieren – in Petitionen,
Aktionen oder in der direkten Unterstützung.

“Auf Menschenrechte kann man sich nicht verlassen, wir müssen sie jeden Tag verteidigen!"

Aliki Sophia Alamanis Mitglied in der Jugendvertretung von Amnesty

So zeigst du Haltung

Viele von uns wollen etwas tun – wissen aber nicht, wie. Dabei gibt es unzählige
Möglichkeiten, im eigenen Umfeld wirksam zu sein. Ob durch Zuhören, Widersprechen,
Sichtbarmachen oder solidarisches Handeln im Alltag – jeder Schritt zählt.

Goldene Regeln für gelebte Solidarität

Zuhören & lernen: Erfahrungen marginalisierter Gruppen ernst nehmen, ihnen
Raum geben und die eigene Perspektive hinterfragen.
Widersprechen: In Alltagssituationen auf rassistische, sexistische oder
queerfeindliche Aussagen reagieren – im Freundeskreis, am Arbeitsplatz, in der
Familie.
Sichtbarkeit geben: Beiträge, Inhalte und Stimmen betroffener Menschen teilen,
ihnen Reichweite und Aufmerksamkeit verschaffen.
Sprache reflektieren: Begriffe, Redewendungen und Umgangsformen auf
diskriminierende Muster prüfen und inklusiver kommunizieren.
Nicht „für“, sondern „mit“ handeln: Betroffene Gruppen unterstützen, ohne sie zu
bevormunden. Ihre Forderungen ernst nehmen und stärken.
Eingreifen: In konkreten Situationen Partei ergreifen, wenn Diskriminierung oder
Gewalt geschieht – sofern möglich und sicher.
Ressourcen weitergeben: Räume, Plattformen, Netzwerke oder Möglichkeiten
teilen, die einem selbst durch Privilegien offenstehen.
Selbstkritik üben: Fehler anerkennen, dazulernen und Verantwortung
übernehmen, statt sich angegriffen zu fühlen.
Politisch aktiv sein: Organisationen unterstützen, Petitionen unterschreiben,
demonstrieren oder spenden – je nach Möglichkeit.

Solidarität 24/7

Beim Streaming, Spazieren oder Powernap – mit einer Förderschaft hilfst du jeden Tag ganz nebenbei, Menschenrechte zu schützen. Dein Beitrag hilft uns Bildung, Aufklärung und Protest planbar zu machen.

Zurück nach oben